August in Rovinari – ein Reisebericht

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Unser Aufenthalt im städtischen Tierheim von Rovinari August 2024

Nach einer gefühlt endlosen Fahrt von rund 22 Stunden kamen wir erschöpft in Rovinari an. Es war nicht das erste Mal, dass wir hierher gekommen sind, um den Hunden im städtischen Tierheim zu helfen. Jedes Mal ist es eine Herausforderung, aber auch eine Herzensangelegenheit. Trotz einer gewissen Vertrautheit ist die Ankunft auch immer wieder irgendwie ein aufwühlendes Erlebnis. Welche neuen Hunde wird man antreffen? Wie ist es den bereits bekannten Hunden in der Zwischenzeit ergangen? Man malt sich im Kopf schon mal aus, was einen wohl diesmal erwartet. Unsere Müdigkeit war dann auf jeden Fall groß, als wir endlich in die Betten fielen, aber die Gedanken an die bevorstehenden Tage ließen uns nicht sofort zur Ruhe kommen. Am nächsten Morgen standen wir mit gemischten Gefühlen auf. Die drückende Hitze, die seit geraumer Zeit über der Stadt lag, war an diesem Tag schon in den Morgenstunden zu spüren. Also machten wir uns schnell auf den Weg ins Tierheim.

Unser erster Tag

Der erste Tag unseres Aufenthalts war dem Bereich gewidmet, in dem die jüngsten Bewohner des Tierheims untergebracht sind: Zone 1. Hier trafen wir auf jede Menge Welpen und Junghunde, die man beim Vorbeigehen gar nicht in einer Zahl erfassen konnte.
Wir machten Fotos, versuchten uns mit einzelnen Hunden und deren Charaktere vertraut zu machen und machten uns entsprechende Notizen, um die Hunde dann später, zurück in Deutschland, auf unserer Website beschreiben zu können. Während wir arbeiteten, gab es immer wieder lange Momente der Stille – ungewöhnlich für Rovinari, Lärm kennt man hier, denn viele Hunde bellen sobald eine Person an einem der Zwinger vorbei läuft. Doch bei der anhaltenden Wärme dieses Sommers, hielten sich auch die bellfreudigsten Hund lieber zurück.

Am Nachmittag kam eine weitere Mitstreiterin von uns hinzu, nachdem sie wegen einer Autopanne eine Nacht auf dem Hof einer Autowerkstatt übernachtet hatte. Sie hatte bereits Pflegehunde aus Rovinari aufgenommen, es war aber ihr erstes Mal im Tierheim von Rovinari. Gemeinsam machten wir einen Rundgang, um ihr das Gelände zu zeigen, bevor die Arbeiter das Tierheim verließen und auch wir den Tag beendeten.

Kurze Ausflüge mit den Hunden

Für jeden Tag hatten wir uns eine Zone vorgenommen und erfassten die Hunde. Den letzten Tag wollten wir „diesem und jenem” widmen. Wie zum Beispiel Hunde aus den Zwingern zu holen und mit ihnen ein bisschen Zeit zu verbringen, um von ihnen an der Leine und ohne die Enge der Zwinger einen umfassenderen Eindruck zu erhalten. Aufgrund der Hitze entschlossen wir uns die Morgenstunden zu nutzen, um Hunde aus den Zwingern zu holen und mittags bzw. nachmittags mit der Erfassung und Dokumentation weiterzumachen.

Diese Ausflüge waren ein Lichtblick für uns, besonders als wir Luck für einen kurzen Spaziergang fertig machten. Luck hat leider einen Zwingerkoller entwickelt, er rennt ununterbrochen von einer Ecke seines Zwingers zur anderen. Doch draußen, in der Freiheit, schien er wie verwandelt. Innerhalb von Sekunden entspannte er sich, ließ sich streicheln und ging schön an der Leine. Und als wir ihm dann auch noch die verfilzten Stellen im Fell entfernt hatten und er mit Sommerfrisur dastand, konnten wir uns darüber freuen, ihm zumindest eine kurze Zeit unsere Aufmerksamkeit geschenkt zu haben.

Doch nicht alle Begegnungen waren so hoffnungsvoll. Helge machte uns Sorgen. Er hat massiv an Gewicht verloren und zeigte kaum Interesse an seiner Umgebung. Als wir ihn zurück in seinen Zwinger brachten, spürten wir kaum sein Gewicht. Er hat leider wirklich sehr abgebaut.

Auch Snickers trafen wir wieder. Der große Menschenfreund lebt nun schon seit ca. 2 Jahren im Tierheim und man sieht auch ihm an, was die Situation dort mit ihm macht. Er ist ein reizempfänglicher Hund, der im Zwinger großen Stress hat. Er ist auch stark untergewichtig und unruhig. Draußen beim Spaziergang fiel dieser Stress schnell von ihm ab. Er ging freudig mit uns mit und als wir pausierten legte er sich mit uns in den Schatten und ließ sich ewig kraulen. Er hat unser Zusammensein sehr genossen.

Mit Leni haben wir uns ebenfalls intensiver befasst. Leni hatte ziemlich viele Zecken und ihr Fell war sehr verfilzt. Sie ist eine absolute Angsthündin und verkroch sich in der Hütte ihres Zwingers. Aber wir schafften es, sie mit nach draußen zu nehmen und uns um ihre Verfilzungen zu kümmern. Trotz ihrer anfänglichen Angst schien sich Lenis Stimmung nach der Pflege ein wenig zu verbessern. Das sind die Momente, die einem Auftrieb geben.

Zecken sind generell ein sehr großes Problem in Rovinari. Es ist erstaunlich, wie viele dieser Parasiten in dieser Betonwüste zu finden sind. Man kann sich kaum erklären, wo sie alle herkommen. Dennoch sind sie ein Thema für die Gesundheit der Hunde.

Für die Junghunde tickt die Uhr

Das Tierheim beherbergt viele freundliche und gut vermittelbare Hunde, darunter zahlreiche Junghunde und Welpen, die dringend ein Zuhause suchen. Wenn sie nicht rechtzeitigt adoptiert werden, ist ihr Schicksal eigentlich besiegelt: Sie können in den kleinen Zwingern keine hilfreichen Erfahrungen machen, entwickeln Ängste oder Aggressionen und haben dann kaum noch Chancen je das Tierheim zu verlassen. Gerade für sie ist also jeder Tag ein verlorener Tag, in einer so wichtigen Phase ihres Lebens.

Besuch an der Mine

Am letzten Tag besuchten wir natürlich auch die Hunde in der nahegelegenen Mine. In dieser abgelegenen Gegend leben große Rudel, in denen die meisten Hunde kastriert sind, erkennbar an den kleinen Ohrmarken, die ihnen nach der Operation angebracht wurden. Die Bedingungen dort sind gut, was dazu führt, dass immer wieder neue Hunde zuwandern. Dadurch müssen regelmäßig Nachkastrationen durchgeführt werden. An diesem Beispiel wird jedoch deutlich, wie eine unkontrollierte Hundepopulation durch Kastrationen beständig wird und dass die Hunde sich dann in einem guten Allgemeinzustand befinden. Die Security vor Ort war wie immer freundlich und hilfsbereit, zeigte uns, wo wir füttern können und informierte uns über unkastrierte Hunde. Mit Händen und Füßen unterhielten wir uns. Nicht immer so einfach, aber immer lustig.

Im Herbst planen wir erneut eine groß angelegte Kastrationsaktion durchzuführen, um die unkontrollierte Vermehrung weiterhin zu minimieren.

Ein Dankeschön

An dieser Stelle möchten wir auch die Mitarbeitenden des Tierheims erwähnen.
Da reisen irgendwelche deutschen Frauen an und machen sich ohne große Erklärungen einfach am eigenen Arbeitsplatz breit. Eigentlich ziemlich übergriffig, aber es ist halt so eine Sache mit der Sprachbarriere. Wir lächeln und bekommen ein breites Grinsen zurück. Die Damen und Herren dort, werden mit Sicherheit nur Mindestlohn erhalten und es gibt mit Sicherheit Jobs die nicht so dreckig, Kräfte zehrend und körperlich anstrengend sind. Doch wenn man sie bei ihrem Tun beobachtet, sieht man, dass sie ihren Job gerne machen. Mit den wenigen Möglichkeiten, die sie zur Verfügung haben, machen sie das Bestmögliche für die Hunde. Viele der Langzeitinsassen freuen sich wahnsinnig, wenn die Mitarbeitenden vorbei kommen oder sich in den Zwingern aufhalten. Für jeden der möchte, gibt es eine kurze Streicheleinheit. Bei der Fütterung bleiben die Mitarbeitenden in den Zwingern, so lange bis auch der letzte seinen Futterpott leer gefressen hat. Die Wassereimer sind immer sauber und wurden bei diesen heftigen Temperaturen mindestens 4 mal am Tag aufgefüllt.
Über Fotos und Videos, die wir ihnen von vermittelten Hunden zeigen konnten, haben sie sich sehr gefreut und manchmal auch große Augen gemacht, über die Entwicklung ihrer ehemaligen Schützlinge. Zudem hatten sie immer eine helfende Hand für uns.

Unter den vielen Hunden, die wir gesehen haben, gibt es jedoch auch Hunde, bei denen wir wissen, dass Rovinari ihre Endstation ist. Auch wenn diese Erkenntnis nur schwer zu ertragen ist, muss man manchmal auch realistisch sein.
Der weitere Weg rund um Rovinari kann also nur der Weg der Kastrationen sein. Es ist ein langer, harter Weg, der aber zu Veränderungen führt. Und wir sind wie immer fest entschlossen, ihn weiterzugehen.
Eines steht fest: Wir werden wiederkommen, um den Hunden von Rovinari eine Stimme zu geben, sie sichtbar zu machen und ihnen die Hoffnung auf ein besseres Leben zu schenken.

Die Uhren ticken anders

In Rumänien ticken die Uhren einfach anders, langsamer, weniger hektisch. Trotz der knappen Zeit, die wir immer zur Verfügung haben, tickten auch unsere Uhren schnell anders. So haben wir es dann einfach als gegeben hingenommen, nach der ersten Nacht unser Apartment wieder zu verlassen und umzuziehen. Grund, kein Internet. Die zweite Unterkunft verließen wir dann auch wieder, wegen eines Buchungsfehlers. 5 Nächte, 3 Unterkünfte und unzählige Treppen, die wir unser Gepäck rauf und runter getragen haben. Mal viel Wasser in der Dusche, mal weniger, mal den Hintern verbrannt, mal eingefroren, weil es plötzlich kein warmes Wasser mehr gab. Nun ja, das ist Rumänien. Immer wieder spannend, aufregend und vor allem aufwühlend.

Man steigt in Deutschland ins Auto und landet nach „kurzer“ Fahrt in einer anderen Welt.

Wir sind auf einer gut befahrbaren Straße unterwegs und mir nichts dir nichts, fährt man auf einer Schotterpiste mit eingelegten Betonplatten. Dann müssen wir stoppen, eine Schafherde liegt auf der Straße und mag sich so gar nicht bewegen. Erst ein zufällig vorbeikommender Feuerwehrwagen mit Sirene brachte die Tiere langsam dazu die Straße zu verlassen. Nach der nächsten Kurve werden wir von einer Kuhherde gestoppt, begleitet von einem lächelnden Hirten auf einem Pferd. Auch diese schönen Momente machen Rumänien aus. Und dann wiederum kann man manche Dinge nicht nachvollziehen, nicht verstehen oder für in Ordnung befinden, warum manche Dinge hinsichtlich Tierhaltung und Tierschutz, so laufen, wie sie laufen.

Doch auch bei unserem jetzigen Besuch haben wir viele freundliche Menschen getroffen, die uns gerne zur Hand gegangen sind und sehr hilfsbereit waren. Und das gibt uns Mut und Zuversicht für unser Tun. Und kaum sind wir wieder in Deutschland angekommen, ist sie auch schon wieder da. Die Sehnsucht nach Rumänien und seinen Hunden.