Karpatenabenteuer

Startseite / Tierheim News / Karpatenabenteuer

Samstag,
September 13, 2008

Andre
Rößler war mal wieder in Sachen Tierschutznetzwerk unterwegs
und berichtet …

Auf Bitten
von Bruno Pet, einer für Rumänen tätigen Tierschutzorganisation
aus dem Süden Deutschlands, verschlug es mich diesmal in die Karpaten,
um beim Auf- bzw. Umbau eines Tierheims zu helfen. Gefragt war vor allem
mein beim Umbau des Tierheimes Nerokourou auf Kreta gesammelter Erfahrungsschatz.
Trotz des Lufthansa-Streiks landete ich pünktlich in Bukarest. Für
die ca. 300 km lange Strecke vom Airport bis nach Miercurea Ciuc benötigte
ich mehr als 5 Stunden, was nicht unbedingt an der strikten Einhaltung
der zulässigen Höchstgeschwindigkeit lag. Das Verkehrsaufkommen
ist erheblich, die Fahrweise liegt zwischen abenteuerlich und rücksichtslos.
Der Zustand der meisten Strassen erinnert mich stark an den in der ehemaligen
DDR in den 70er bis 80er Jahren. Dennoch kam ich mit meinem gemieteten
Ford Fiesta wohlbehalten gegen 19:30 Uhr in M C an und wurde vom Verwalter
des Tierheimes, Andras herzlich empfangen.

Er zeigte
mir eine Pension, in der ich übernachten konnte und wir führten
erste Gespräche über die Vorstellungen, die hier vor Ort bereits
entwickelt wurden. Am nächsten Tag holte mich Andras ab und wir fuhren
zu dem etwas auswärts gelegenen Tierheim.

Was ich vorfand
war für mich nicht neu. Nur von der Anzahl der Hunde war ich doch
einigermaßen überrascht. 340 Tiere teilten sich eine schwer
übersehbare Anzahl von Boxen oder eher Käfigen.

Manche hatten
auch eine eigene Hütte und waren leider an einer Kette befestigt.

Die Gehege
und das Gelände sauber zu halten ist unter den bestehenden Umständen
ein nicht zu bewältigender Job. Die vier Arbeiter sahen optisch nicht
viel anders aus, als die Streuner, deren Fäkalien sie beseitigten
und denen sie Futter gaben.

Selbst von
ansatzweise hygienischen Bedingungen kann keine Rede sein.

Da ich ähnliche
Verhältnisse von Kreta kannte bzw. kenne, ist zügiges Handeln
gefragt. Das Sahnehäubchen des Ganzen hätte ich fast vergessen:
Das Tierheimgelände befindet sich direkt auf dem bereits zugeschütteten
Teil einer gewaltigen Müllkippe.

Auf dem daneben
liegenden aktiven Teil der Kippe wird tagtäglich alles abgeladen,
was die menschliche Zivilisation hergibt bzw. nicht mehr benötigt.
Der Terminus „Mülltrennung“ ist im hiesigen Sprachgebrauch
nicht vorhanden. Neu-EU-Mitglied Rumänien ist für mich ein Land
mit grossen sozialen Differenzen. Am untersten Ende der sozialen Skala
stehen sicherlich die Zigeuner, die von der übrigen Bevölkerung
(in M C übrigens 80 % ungarischer Herkunft) als Aussätzige gesehen
und auch so behandelt werden, andererseits aber auch selbst Probleme mit
der Integration haben. Auf dieser beschriebenen Müllkippe hausen
unter unbeschreiblichen Bedingungen einige jener Zigeuner. In Verschlägen
aus Holz, Plastiktüten und textilen Resten fristen einige von ihnen
ihr Leben und ziehen dort sogar Kinder gross.

Ich würde
gerne wissen, was sie denken, wenn unser Bauprojekt zur Ausführung
kommt.
Aber zurück zum Tierheim: Nach entsprechender Besichtigung des Geländes
war schnell klar, wo ein Neubau entstehen könnte.

Bei den ohnehin
vorhandenen Kommunikationsschwierigkeiten (Rumänisch kann ich noch
weniger als Griechisch ) und dem Gebell aus hunderten Hundeschnauzen war
es besser einen etwas ruhigeren Treffpunkt zur ersten Baubesprechung zu
finden. Das Café „Meteor“ war dafür ein guter Platz.
Andras hatte Stefan Barabas und einen dolmetschenden Freund eingeladen
um meine Ideen und Vorstellungen verständlich zu machen.

Stefan Barabas
hat eine Baufirma und hat auch bereits an dem auf dem Tierheimgelände
befindlichen Haus,

in dem der
Tierarzt praktiziert, gearbeitet. Von dem sehr freundlichen und vor allem
sach- und fachkundigen Mann war ich äußerst angenehm überrascht.
Auf Kreta war es leider „normal“, jeden Gedanken und elementare
Voraussetzungen X-Mal zu erklären und zu wiederholen. Es gab dort
einfach nicht genug gute Fachleute. Das war jedoch jetzt ganz anders.
Aufgrund der weltweiten Kostenexplosion bei Metallen und bei Baumaterial,
entschied ich mich für einen Neubau in modularer Bauweise.

Dies ist
vorteilhaft, da es so möglich ist, einzelne in sich abgeschlossene
Baumaßnahmen durchzuführen und je nach finanziellen Voraussetzungen
weitere Module hinzuzufügen. Ein solches Modul soll aus 20 Boxen
bestehen, jeweils 2,50 x 5,00 m groß. Diese sollen auf einer gefliesten
Betonfläche mit automatischen Tränken und Abwasseranschlüssen
entstehen. Eine Komplettüberdachung ist vorgesehen, da das Wetter
hier in den Karpaten – speziell der Winter – eigenen Gesetzen
unterliegt. Einiges ist anders als auf Kreta, vor allem Wintertemperaturen
von – 30 Grad C. kennt man dort nicht. Eine frostsichere Bauweise
ist also dringend angeraten. Dank der guten Übersetzung des Freundes
von Andras, Attila, verstand Stefan Barabas schnell, was ich wollte und
brachte auch noch eigene Ideen mit ein. Er versprach mir, bis zum nächsten
Tag ein Angebot mit allen zu berücksichtigenden Kosten zu erstellen.
Keine leichte Aufgabe in so kurzer Zeit. Aber der Mann hielt Wort. Am
nächsten Mittag hatte er ein recht detailliertes Angebot parat, dass
alle erforderlichen Leistungen und Materialkosten für ein Modul enthielt.
Wir besprachen noch einige Detailfragen, mit denen ich hier niemand langweilen
möchte und übersetzten anschließend das Angebot in die
deutsche Sprache. Schließlich telefonierte ich mit Conny Haag von
Bruno Pet und erzählte ihr, was wir geplant hatten und welche finanzielle
Last zu schultern wäre. Am Abend hatte die Frau von Andras, Martha,
zum Essen eingeladen, so dass ich noch in den Genuss der rumänischen
Küche kam.

Ich wünsche
mir, dass unser Plan so umgesetzt werden kann, würde dies doch eine
fundamentale Verbesserung der Lage von mindestens ca.100 Hunden bedeuten.
Ich weiß, das klingt nicht viel, aber man muss einfach einmal anfangen.
Nicht zu vergessen, die Bedingungen, nicht nur die klimatischen, sind
etwas anders als vor 6 Jahren auf Kreta. Die Bauleitung wird Stefan Barabas
übernehmen, dem ich aufgrund seines Wesens und seiner Fachkenntnis
fest vertraue. Die Rückreise war relativ unspektakulär, von
den gewöhnungsbedürftigen Verkehrsverhältnissen einmal
abgesehen.

Ich hoffe,
mit meiner kurzen Reise zum Gelingen des Projektes ein wenig beigetragen
zu haben und wünsche Bruno Pet viele Erfolg, Geduld und Glück
bei seiner weiteren Arbeit zum Wohl der Tiere.

André
Rößler

(2. Vorsitzender
Förderverein Arche Noah Kreta e.V.)