Reise im April 2006

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Reise im April 2006 – unser erster großer Transport

Für 50 Hunde waren bereits Tierheimplätze oder Pflegestellen gefunden und nun würden sie alle in einem einzigen Transport ausreisen können. Am 08.4.06 war es dann soweit. Der Transporter stand für Carmen und mich bei Carol in Dreieich zur Abholung bereit. Obwohl uns Carol am Telefon unseren vierrädrigen Begleiter bereits beschrieben hatte, staunten wir nicht schlecht, als wir in Dreieich die Schlüssel entgegennahmen. So groß hatten wir uns einen umgebauten Mercedes Sprinter dann doch nicht vorgestellt. Unseren Vierbeinern würden die beeindruckenden Boxeneinbauten im Inneren des Fahrzeugs jedenfalls eine sichere und bequeme Reise ermöglichen.

Nach vielen lieben Abschiedsworten und guten Wünschen für eine gute Fahrt starteten wir schließlich am späten Nachmittag Richtung Göppingen. Dort kam Meli als Dritte im Bunde an Bord und weiter ging es über Österreich und Ungarn Richtung rumänische Grenze.

Hier wurde unsere bisher ausgezeichnete Laune auf die Probe gestellt. Wohin wir wollten, was wir in Suceava machen würden, was sich in unserem Transporter befinden würde usw. Wir beantworteten alle Fragen freundlich und wahrheitsgemäß, konnten uns nicht vorstellen, dass die Kisten mit Deckenspenden fürs Tierheim zu irgendeinem Problem führen würden und rechneten mit einer raschen Durchfahrt. In diesem Punkt hatten wir uns jedoch getäuscht.

Man begegnete uns mit einer Mischung aus Misstrauen, Unverständnis und Überheblichkeit. Der Blick in den Laderaum des Transporters reichte dem rumänischen Grenzbeamten nicht aus. Wir sollten bitte an die Seite fahren und warten, bis unser Gepäck genauer kontrolliert würde. Dort standen wir – eine viertel Stunde – eine halbe Stunde – eine dreiviertel Stunde und niemand schenkte uns mehr Beachtung.

Unsere Stimmung sank immer weiter gegen den Nullpunkt und die Tatsache, dass wir drei bereits eine ganze Nacht in der Enge des Fahrzeugs hinter uns gebracht hatten, ließ uns die Situation nicht gerade geduldiger ertragen. Als wir gerade begannen, ernsthaft darüber nachzudenken, einfach den Motor zu starten und weiter zu fahren, näherte sich ein weiterer Grenzbeamter der Fahrertür. Er grinste und fragte, warum wir denn die ganze Zeit dort herumstehen würden. Amüsiert lauschte er unserer Erklärung um uns nach einer erneuten Passkontrolle darum zu bitten, unsere Fahrt doch endlich fortzusetzen. Es war offensichtlich, dass man sich schlicht und ergreifend einen Spaß daraus gemacht hatte, uns ein wenig zu schikanieren.

Wir waren erstmal bedient und versuchten möglichst rasch möglichst viele Kilometer zwischen uns und dieses Erlebnis zu bringen. Hätten wir zu diesem Zeitpunkt schon gewusst, dass dies auf unserer Fahrt die letzte unfreundliche Erfahrung an einer Grenze gewesen sein sollte, wären wir dem nun folgenden Teil unserer Reise mit ein wenig mehr Gelassenheit entgegengefahren.

Rumänien begrüßte uns mit seinem ganz speziellen Zusammenspiel aus Armut, fröhlichen Gesichtern, bunten Farben und – katastrophalen Straßenverhältnissen.

Der harte Winter hatte die meisten Straßen in einen Zustand verwandelt, der irgendwo zwischen Sumpfgebiet und Gerölllandschaft anzusiedeln ist. Ein paar Straßenbaustellen gaben einen Hinweis darauf, dass man bereits mit den Reparaturarbeiten begonnen hatte, zu spüren war davon aber noch nichts. Je tiefer wir in die Karpaten kamen, desto seltener fand sich genügend Asphalt, um den zahlreichen Schlaglöchern ausweichen zu können.

Als die zweite Nacht aufzog, die es zu durchfahren galt, waren wir bereits derart durchgeschüttelt, dass wir Knochen in unserem Körper spürten, von deren Existenz wir zu Beginn unserer Reise nicht einmal etwas geahnt hatten.

Das Fahren unter diesen Bedingungen war furchtbar Kräfte zehrend und gab uns etwas mehr als eine vage Vorstellung von den Grenzen unserer Belastbarkeit. Dies muss ungefähr der Zeitpunkt gewesen sein, als wir eine neue Taktik entwickelten. Wir versuchten ortskundige Autofahrer auszumachen und hängten uns an deren Versen. Ihrem zielsicheren Zickzackkurs folgend ließ es sich nun etwas zuversichtlicher aufs Gaspedal treten.

Mit einem 3,5 Tonner unter dem Gesäß waren wir den PKWs an Wendigkeit natürlich weit unterlegen und meist verloren wir sie nach einer Weile wieder aus den Augen. Dennoch verschaffte uns diese Fahrweise einige Abschnitte, die wir recht zügig hinter uns bringen konnten. Als die Dunkelheit einbrach und leichter Schneefall einsetze, wurde es einsam auf den Straßen. Noch immer lag ein gutes Stück Karpatenstrecke vor uns, den höchsten Punkt hatten wir noch nicht überschritten. Diese letzten drei Stunden, die uns noch von Suceava trennten, verbrachten wir schweigend.

Carmen, die kurz zuvor das Steuer wieder an mich übergeben hatte, fielen vor Erschöpfung die Augen zu. Meli mobilisierte ihre letzte Energie, um wach zu bleiben. Aus Solidarität mit mir und wohl auch, um darauf Acht zu geben, dass mich der Schlaf nicht am Lenkrad übermannte. Irgendwann gaben schließlich auch Melis Kräfte nach. Die beiden hingen neben mir in ihren Anschnallgurten und wirkten eher ohnmächtig als schlafend.

Und plötzlich war er gekommen, der Moment, mit dem jeder von uns dreien irgendwann einmal zu kämpfen hatte. Der Moment, in dem ich mich fragte, warum ich diese Reise überhaupt angetreten hatte. Ich war alleine mit der Dunkelheit, mit dem ständigen Rattern des Wagens auf den holprigen Straßen, mit meinen schmerzenden Muskeln, mit meiner zunehmenden Erschöpfung und mit meinen Gedanken.

Die Strecke, die nun fast hinter uns lag, würde uns ein paar Tage später ein weiteres Mal von unserem Ziel trennen. Das alleine erschien mir schon wie eine furchtbare Qual. Doch dann würden wir die Verantwortung für 50 Hunde im Wagen haben. Wie würden unsere Schützlinge die Fahrt über diese schlechten Straßen verkraften? Wie würden sie das ständige Holpern und Schaukeln empfinden? Vor lauter Kraftlosigkeit hatte ich an diesem Punkt mit riesigen Zweifeln zu kämpfen, die tonnenschwer auf meinem Gemüt lasteten.

In diesem Tief hatte ich das Empfinden für die Zeit, die verging, die Kilometer, die wir zurücklegten, verloren und so war ich fast überrascht, als mich plötzlich die Lichter von Suceava aus meinen düsteren Gedanken rissen.

Auch Carmen und Meli wurden wach. Die Straßen waren seit einiger Zeit wieder besser geworden und das Aussetzen des seit Stunden gewohnten Schaukelns hatte wohl ihren Schlaf gestört. In unserem Hotel fielen wir schließlich frisch geduscht um zwei Uhr nachts in unsere Betten und in Tiefschlaf.

Am nächsten Morgen holten uns Eugenia und Doina am Hotel ab. Gemeinsam fuhren wir ins Tierheim.

Dort erwartete uns wie immer ein lautstarkes vierbeiniges Begrüßungskommando aber leider auch eine getrübte Stimmung. Einige Bekannte von Eugenia hatten im Vorfeld versucht, sie davon abzubringen, uns die Hunde anzuvertrauen. Wie in so vielen anderen Ländern hält sich auch in Rumänien hartnäckig das bizarre Gerücht, die Tiere würden in Deutschland nicht von Tierheimen oder Familien aufgenommen sondern in Versuchslabore und in die Pelzproduktion verkauft. Frust machte sich breit.

Nach all den Strapazen, die wir auf uns genommen hatten, um den Hunden ein besseres Leben zu ermöglichen, sahen wir uns nun mit solchen Vorwürfen konfrontiert. Gemeinsam mit Eugenia leisteten wir, hoffentlich erfolgreich, Überzeugungsarbeit. Zwar klärte sich die Situation recht schnell, es dauerte aber eine ganze Weile, bis wir das lähmende Gefühl, sowohl in Deutschland wie auch in Rumänien immer wieder auf so viele Widerstände, Misstrauen und Kritik zu stoßen, abgeschüttelt hatten.

Unsere eigentliche Arbeit im Tierheim begann. In unseren Kooperationstierheimen in Deutschland werden die Hunde meist in Kleingruppen untergebracht. Um möglichst harmonische Gruppen zusammenzustellen, wollten wir die Hunde im Hinblick auf ihre sozialen Interaktionen beobachten.

Auch unter Hunden gibt es persönliche Sympathien und Antipathien, Tiere, die charakterlich miteinander harmonieren und solche, die sich im wahrsten Sinne des Wortes nicht riechen können. Faktoren, die wir bei der Zusammenstellung der zukünftigen Tierheimgruppen nicht unberücksichtigt lassen wollten.


Conny mit einem der BP-Schützlinge

So brachten wir an unserem ersten Tierheimtag alle für die Ausreise in Frage kommenden Hunde, die in Gehegen saßen, in den geräumigen Vorhof. Damit es dort nicht zu voll wurde, mussten wir einige der Hunde, die normalerweise im Hof untergebracht sind, für die Dauer unseres Aufenthalts auf die verschiedenen Gehege verteilen.

Zusammen mit den Tierheimmitarbeitern Alex und Nicu trugen wir also erst mal zahlreiche Hunde hinaus, andere hinein. Wenn man bedenkt, dass die meisten unserer BP-Hunde ein paar Kilo zu viel auf den Rippen haben, kann man sich vorstellen, dass wir bei dieser Aufgabe ganz schön ins Schwitzen kamen.

Aber die Anstrengung sollte sich wirklich bezahlt machen. In den folgenden Tagen nahmen wir uns immer wieder Zeit für unsere Beobachtungsaufgabe, die nicht nur super interessant und lehrreich sondern auch sehr aufschlussreich war. Schließlich sind einige der Boxen im Transporter für mehrere Hunde ausgelegt – da sollte man schon wissen, wer sich leiden kann und wer nicht.

Für den späten Nachmittag hatte sich Dr. Mihai Verciuc, unser Tierheimtierarzt, angekündigt. Wie immer gab es einiges zu besprechen. Außerdem hatten wir eine Liste mit Hunden, denen im Januar noch kein Blut für den Test auf die so genannten Auslandskrankheiten abgenommen werden konnte. Zusammen mit Mihai holten wir das nach, um die Blutproben später in Deutschland im Labor untersuchen zu lassen.

Bei Einbruch der Dunkelheit verließen wir das Tierheim um nach einer wohltuenden Dusche in einer Pizzeria die Pläne für den nächsten Tag zu schmieden.

Für den Montag hatten wir uns vor allem vorgenommen, unsere „Angsthunde“ genauer in Augenschein zu nehmen, um etwas besser einschätzen zu können, wer von ihnen als vermittelbar einzustufen ist. So verbrachten wir viel Zeit mit unseren Angsthasen – Meli konnte man dabei des Öfteren mit Fleischwurstwürfeln bewaffnet auf allen Vieren durch die Gehege kriechen sehen. Ich zog bequemere, statische Positionen vor.

Während wir also mit unseren Unterlagen von Gehege zu Gehege zogen und uns etliche Notizen machten, lief Carmen als „Tierheimfotografin“ zu Höchstleistungen auf. Zu Beginn der Fahrt hatten wir den Wunsch geäußert, möglichst jeden Hund einmal im Bild zu haben. Carmen schaffte es tatsächlich, in diesen drei kurzen Tagen neben allerlei anderen Dingen, die es zu tun gab, über 1000 Bilder zu schießen.


Später am Tag fand auch Mihai sich wieder im Tierheim ein, so dass wir die restlichen Blutabnahmen, die auf unserer Liste standen, durchführen konnten.

Am Dienstag galt es dann, die endgültige Liste mit Hunden zu machen, die ausreisen würden. Immer wieder hatten wir uns in den letzten Tagen zwischendurch Zeit genommen, die Hunde zu beobachten und so fiel es uns nun nicht mehr schwer, die Gruppen für die Fahrt zusammenzustellen. Auch der Transporter musste nun vorbereitet werden. Stundenlang standen wir im Wagen und legten jede Box mit etlichen Lagen Tüchern und Decken aus. Der Wassertank wurde gefüllt, etwas Futter wurde eingeladen. Neugierig inspizierten einige Hunde immer wieder das Innere des großen Fahrzeugs und klauten uns ständig irgendwas vor der Nase weg, um dann fröhlich mit ihrer Beute durch den Hof zu sausen.

Die kleine Muggel war grundsätzlich immer mit dabei, wenn sich irgendwas am Transporter tat. Egal welche Wagentür man öffnete – Muggel war sofort an Bord.

Sie war schon jetzt abreisebereit, daran ließ sie keinen Zweifel und natürlich würden wir sie nicht enttäuschen.

Bevor wir an diesem Abend das Tierheim verließen wurde jede Chipnummer der Hunde mit unserer Liste und den jeweiligen Papieren des Hundes verglichen. Das war eine schrecklich aufwändige Arbeit, die nicht zu Ende zu gehen schien. Doch wir hatten großen Respekt vor der Grenzkontrolle. Nicht auszudenken, mit 50 Hunden wegen eines Zahlendrehers o.ä. wieder umdrehen zu müssen. Wir wussten ja nicht, wie der jeweilige Beamte einem solchen Transport gegenüber stehen würde und fühlten uns besser, auf Nummer sicher zu gehen.

Auch Mihai verabschiedete sich an diesem Abend mit viel Arbeit im Gepäck und der Aussicht auf eine lange Nacht. Da Rumänien (noch) nicht zur EU gehört, umfassen die korrekten Ausreisepapiere neben dem Impfpass ein vierseitiges Formular pro Hund, welches an der rumänischen und an der ungarischen Grenze in der jeweiligen Landessprache vorliegen muss. Eine zweite Ausfertigung des Formulars muss außerdem beim zuständigen Amtsveterinär im Herkunftsland bleiben. Wenn man das nun alles mal 50 rechnet, bekommt man eine Ahnung von dem Berg Papiere, der für einen solchen Transport notwendig ist. Die von Mihai vorbereiteten Dokumente mussten zudem noch der amtlichen Veterinärin vorgelegt und von ihr abgestempelt werden.

Während wir also unsere letzte Pizza in Suceava aßen und später tief und fest schliefen, schlug sich Mihai die Nacht um die Ohren. Um 7.00 Uhr am folgenden Morgen wollte er uns am Hotel treffen, um uns die fertigen Papiere zu übergeben. Wir saßen gerade beim Frühstück als mein Handy klingelte und ein völlig übermüdeter Mihai sich meldete. Er hatte sich mit dem benötigten Zeitaufwand völlig verrechnet und war noch lange nicht fertig. Nicht nur für uns sondern auch für ihn war es der erste Transport dieser Dimension. Bisher war alles völlig glatt gelaufen, nun hatte sich also die erste „Panne“ eingestellt. Ein „Anfängerfehler“, der in Zukunft vermieden werden kann. Dennoch war er ärgerlich, da sich mit einer verspäteten Abfahrt auch unsere Ankunftszeiten an den Übergabepunkten in Deutschland verschoben, was wiederum die Organisation der Fahrketten usw. über den Haufen warf.

Letztendlich wurde es später Abend, bis wir das Tierheim mit unseren 50 Schützlingen verlassen konnten. Im strömenden Regen hatten wir die Hunde eingeladen. Das Wetter wurde also auch schlecht – als hätte sich alles gegen uns verschworen. Der Regen in Suceava bedeutete Schnee in den Karpaten – und das erneut bei Dunkelheit – nun ja, auf dem Hinweg hatten wir es geschafft, also würde es auch dieses mal gehen. Lediglich Eugenia war völlig runter mit den Nerven. So viele Hunde, deren Leid sie noch vor Augen sah, für die sie gekämpft, die sie gerettet hatte, verließen nun ihr Tierheim. In eine bessere Zukunft zwar aber doch weit weg. Und das nun bei solchen Witterungsverhältnissen. Wir mussten ihr immer wieder versprechen, sie sofort anzurufen, wenn irgendein Problem auftauchen sollte und sie regelmäßig über unseren Aufenthaltsort zu informieren. Wir verstanden ihre Sorgen – und waren trotzdem froh, endlich starten zu können.

Die Sorge, wie die Hunde die Fahrt verkraften würden, stellte sich als völlig unbegründet heraus. Lediglich ganz am Anfang wurde es einigen Hunden übel, weshalb wir recht schnell das erste Mal für saubere Boxen sorgen mussten. Danach schliefen sie, als wären sie Tage lang nicht dazu kommen und wurden nur munter, wenn wir stoppten, um sie zu versorgen. Mit so vielen Hunden eine solch weite Strecke zu reisen hatten wir uns wesentlich schwieriger vorgestellt.

Erfreulicherweise waren die Straßen durch die Karpaten inzwischen deutlich ausgebessert. Die Nacht hindurch kamen wir also trotz des Schnees gut voran und so standen wir am nächsten Morgen an der rumänischen Grenze, die wir ohne Probleme passierten. Bei der Einreise nach Ungarn war allerdings Schluss für uns. Ein freundlicher Grenzbeamter, dem es sichtlich Leid tat, schickte uns wieder nach Rumänien zurück. Zwar hätten wir die richtigen Papiere, aber es sei die falsche Grenze, man dürfe solche Transporte hier nicht abfertigen. Oradea nannte man uns als Grenzpunkt, den wir anfahren sollten, dort könnten wir ganz sicher ausreisen. Eineinhalb Stunden Verspätung mehr auf unserem Zeitkonto.

Dasselbe Spiel in Oradea. Rumänien raus war kein Problem, Ungarn rein aber leider nicht möglich. Auch hier war jeder freundlich zu uns, die Hunde fanden alle toll und den Transporter bestaunenswert. Doch weiter half uns das nicht.

Nach Nadlak schickte man uns nun. Dort gibt es einen Amtsveterinär und nur dort könnten wir mit einem solchen Tiertransport nach Ungarn einreisen. Also auf nach Nadlak und weitere eineinhalb Stunden Verspätung aufs Zeitkonto.

Dank der Hunde, die sich inzwischen in ihren Boxen scheinbar völlig heimisch fühlten und uns jedes Mal relaxt und fröhlich begrüßten, wenn wir sie hinten besuchten, behielten wir die Nerven und entwickelten einen ordentlichen Galgenhumor, der uns ganz gut über die Runden brachte.

Bis kurz vor der Grenze in Nadlak. Hier lagen die Nerven dann doch blank. Eine erneute Abfuhr der Ungarn hätte vielleicht die Rückkehr des ganzen Transports nach Suceava ins Spiel gebracht.

Wir hielten die Luft an und nun schlug Carmens Sternstunde. Als Speditionskauffrau den Umgang mit Zollbehörden gewöhnt, verließ sie den Wagen, während wir in der Schlange standen.

Während Meli und ich fix und fertig auf unseren Sitzen ausharrten, wandte sie sich an einen Grenzbeamten, erklärte ihm ausführlich unsere Situation, zeigte ihm unsere Papiere und bat, beim Amtsveterinär angemeldet zu werden. Aufatmen war angesagt. Die Grenze war richtig, die Papiere waren in Ordnung, der Veterinär äußerst freundlich. Nun war alles nur noch eine Frage der Zeit. Sehr viel Zeit, denn jedes! Dokument musste kopiert, mit dem Impfpass verglichen und abgestempelt werden. Hinzu kamen irgendwelche Probleme, die der Computer im Veterinärbüro hatte. Das Zeitkonto hatten wir inzwischen aus den Augen verloren, wir merkten nur noch am Rande, dass es inzwischen wieder dunkel geworden war und sahen erst wieder auf die Uhr als wir mit einem lauten Jubelschrei am Schlagbaum vorbei nach Ungarn einreisten. Es war 1.00 Uhr nachts.

Die Anspannung fiel schlagartig von uns ab und wir wurden plötzlich alle richtig müde. So lief dann die Fahrt durch Ungarn trotz der tollen Straßen recht zäh, da wir immer wieder für eine kurze Schlafpause anhalten mussten. Unsere Akkus waren einfach leer und ließen sich auch nicht mehr richtig aufladen. Richtig froh waren wir deshalb über den Entschluss von Carol, Nina und Anne, sich ins Auto zu setzen und uns entgegenzufahren.

Kurz hinter der Grenze zu Österreich sahen wir Anne am verabredeten Parkplatz stehen und winken. Kaum ausgestiegen lagen wir uns in den Armen und natürlich flossen ein paar Tränen der Erleichterung. Wir übergaben das Steuer an Carol und später an Nina. An Schlaf war trotzdem nicht zu denken, viel zu viel gab es zu erzählen und zu berichten. Nach und nach fuhren wir nun die Treffpunkte an, wo einige Pflegehunde abgeholt wurden.

Überall strahlende Gesichter, endlich die Hunde in die Arme schließen zu können. Wir sahen an diesem Tag so viele fleißige Helfer, Transportkettenfahrer, Pflegestellen, die unzählige Telefonate hinter sich hatten, weil sich unsere Ankunftszeit ein ums andere mal verschoben hatte. Und trotzdem waren alle einfach nur froh, die Hunde und uns zu sehen. Alleine das entschädigte für viele Strapazen.

Meli verließ den Transport in Süddeutschland und im Mainzer Raum stiegen auch Carmen und ich aus dem Wagen. Unsere Männer waren froh uns zu sehen, blieben mit dem Hinweis auf eine dringend notwendige Dusche aber doch etwas reserviert.

Nina und Carol hatten zu diesem Zeitpunkt noch ein gutes Stück Strecke durch Deutschland vor sich, bis alle Hunde auf die Tierheime verteilt waren und Katharina den leeren Transporter schließlich zurück nach … zu Thomas Busch brachte.

Inzwischen können wir schon mit ein wenig Abstand auf diesen Transport zurückschauen. Die ersten Rückmeldungen, wie sich die Hunde auf ihren Pflegestellen entwickeln trudeln ein. Es ist immer wieder schön zu lesen, wie die schnell sich die Hunde nach einer so langen Zeit im Tierheim und all dem, was sie in der Zeit davor erfahren haben, in einem neuen Leben zurechtfinden. Ganz besonders freuen uns auch die positiven Rückmeldungen der Tierheime und die gute Zusammenarbeit, die dadurch entstanden ist. Wenn ich nun an jene Nacht in den
Karpaten zurück denke, an die Zweifel, die mir durch den Kopf gingen, dann bin ich froh, diese Strecke mit den Hunden gefahren zu sein und weiß, dass wir das Richtige getan haben.

Ganz besonders danken möchte ich Thomas Busch und Diana Mull, Stefan Grothus und dem ganzen Team der Arche Noah Kreta e.V., ohne deren Unterstützung so vieles nicht möglich gewesen wäre. Es ist klasse, mit euch zusammenzuarbeiten!

Constanze Haag