Tierheim-News vom 2013-10-05

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Ich schreib nochmal alles neu. Ich hatte in der vergangenen Woche und in den vergangenen Tagen mehrfach einen Text für den Blog angefangen und irgendwie kam ich nie dazu, ihn im aktuellen Stand zu vollenden. Allgemein ist die Situation in vielen Teilen Rumäniens durch die anstehende Gesetzesänderung verheerend. Soweit ich es vergleichen kann scheint es in MC nicht so schlimm zu sein wie an vielen anderen Orten, trotzdem ist die Lage sehr angespannt. Eva Orendi, Präsidentin der Fundatia Pro Animalia, Trägerverein dieses Tierheims, ließ uns telefonisch ausrichten, dass es ein Gespräch mit dem Zuständigen des Bürgermeisteramtes gab und in einem Artikel der lokalen Zeitung zu lesen ist, dass die Hunde des Tierheims nicht eingeschläfert werden sollen, solange es genug Platz und Futter gäbe. Erleichtert mich doch diese Aussage, da ich vor einer neuen Mülltonne vor dem Tierheim stand – auf Nachfrage wurde mir gesagt sie wäre für tote Hunde. Aha.
Über diese ganze geplante Gesetzesänderung informierte ich mich durch das Internet. Gäbe es dieses nicht wüsste ich noch nicht mal was davon. Keiner hier vor Ort sagt etwas, keiner informiert einen, keiner diskutiert darüber, nur auf Nachfragen. Auf mein Nachfragen, nach meiner Nachfrage nach der Mülltonne bekam ich wenigstens diese telefonische Botschaft übermittelt, blanker Zufall also das es jetzt diese Tonne gibt.

Doch schon bevor die Hatz auf die Straßenhunde in diesem Land begann waren in Miercurea Ciuc die Hundefänger sehr aktiv, so ganz sind mir die Hintergründe nicht bekannt, es gab einen Vertragswechsel oder Neuvertrag oder wie auch immer, es wurde eine Fangbox gebaut, angeblich die Leute geschult usw... Das Tierheim war schon brechend voll und wird immer voller. Was tun also? Transporte fahren wie es nur geht. Damit kommen wir zu einer Auswirkung dieses Gesetzes, die uns noch schwer zu schaffen machen wird. Natürlich versuchen jetzt alle Hunde zu retten, komme was da wolle und so werden in dieser Not auch genügend Leute einfach Hunde einpacken und sich nicht um Vorschriften scheren. Das wird sicherlich Folgen haben, nicht nur für Tierschützer in Rumänien...

Nun scheint es so, dass diverse Städte und Gemeinden sich gegen die Tötung von Hunden aussprechen und weiter an ihren Kastrationsprogrammen festhalten, den Hunden eine Chance geben und das Problem weiterhin auf humane Weise und mit langfristigem Erfolg angehen. Dieser Erfolg wird mit der Gesetzesänderung unmöglich gemacht, denn was wird wohl passieren, wenn Hundefreunde mitkriegen, dass ein paar Städte weiter „ihre Straßenhunde“ in Sicherheit wären. Genau, sie karren sie dort hin, ein Problem, dass in MC nach meiner Einschätzung nicht mehr in dem Maße bestand, da immer mehr der umliegenden Gemeinden sich selber kümmerten.

Das und noch mehr wird in Rumänien durch die Gesetzesänderung schlimmste Bedingungen für die Straßenhunde und ihre Helfern bedeutet … und hier spricht keiner mit einem darüber. Nichts, Null, nada und Eva war seit vielen Wochen nicht im Tierheim. Gut, mag sein, letzte Woche war sie krank.

Es ist … niederschmetternd und raubt einem das letzte Fünkchen Kraft und Hoffnung. Alles erscheint hier vollkommen sinnlos.

Rückblickend auf das vergangene Jahr finde ich auch keine anderen Worte dafür – sinnlos. Egal welches Thema ich hier jetzt hernehme oder schaue, welches Thema mal wieder gerade in Bearbeitung ist, es scheint völlig unfruchtbar zu sein, was wir hier tun und reden. Von Anfang an war klar, und das brachten wir mehrfach deutlich zum Ausdruck, dass wir hier Prozesse verbessern wollen, die Versorgung, die Unterbringung und den Umgang mit den Hunden verbessern wollen, dass wir ein Team aufbauen wollen, dass selbständig im Sinne der Hunde all diese Aufgaben sorgfältig ausführt. Mag vielleicht das eine oder andere erreicht sein, aber im Großen und Ganzen reden wir uns das Maul franzig und zwar bei ganz schnöden Dingen wie Wasser auffüllen, Wasserbottiche reinigen, regelmäßiges Säubern der Zwinger, Futterzusammensetzung, Futternachbestellung, etc. Das ganz normale Alltagsprogramm muss immer und immer wieder neu erfunden und vermittelt werden... Auch hier keinerlei Unterstützung, den Tagesablauf, den ich mal geschrieben und Johanna zum Übersetzen gegeben hatte wurde den Arbeitern nie als Stellenbeschreibung ausgehändigt, nur eins von unzähligen Beispielen.

Seit Monaten also betonten wir immer wieder wie wir unseren Auftrag sehen und wiesen alle immer wieder darauf hin, dass wir erwarten, dass Abläufe verinnerlicht werden und wir eine gewisse Selbständigkeit erwarten. Und immer wieder übernahmen wir zutiefst frustriert diese oder jene Aufgabe, weil es uns wichtig war das es gemacht wird.

Mit zunehmend drohender Eskalation der Situation im Tierheim sagten wir mehrfach, dass wir es alleine nicht schaffen, dass wir als Fremde hier keinen Stand haben, keine Ahnung von Gepflogenheiten, Gesetzes- und Vertragsinhalten haben und es mehr als bitter nötig ist, dass sämtliche Tierheimmitarbeiter und vor allem natürlich die Verantwortlichen der Fundatia Pro Animalia zusammenhalten und sich gegen diese unorganisierte und leidbringende Zuballerei mit Hunden wehren. Tja, mit der Gesetzesänderung ist alles Wehren zu Ende, nimmt man die Hunde nicht kann die Tötung von Tierheimhunden angeordnet werden. Wo soll das hinführen?

Ein unschönes Beispiel dessen wie wenig man sich Gedanken macht ist ein kleiner Welpenjunge namens Pax. Er ist einer von 7 Welpen (Hundefänger), die im Notzwinger der Zone 2 untergebracht wurden. Es ist ein Zwinger, der nicht regulär belegt werden sollte, damit man kurzfristig (z.B. nachts) einen Hund unterbringen kann. Am nächsten Tag gesellten sich zu den 7 weitere 4 Welpen von Privat, glücklicherweise bereits angeimpft und augenscheinlich gesund. Als erneut die Hundefänger weitere 6 Welpen brachten sollten diese ebenfalls dazu gestopft werden. Dies haben wir verhindert, da die neuen 6 Welpen nicht sehr gesund aussehen, viel kleiner sind und weil schlicht und ergreifend dieser Notzwinger zu klein für 17 Welpen ist... aber zurück zu Pax. Als er ankam hatte er massive Gangstörungen – Verdacht auf Wirbelsäulentrauma. Am nächsten Tag war es deutlich schlechter, er konnte eigentlich nicht mehr richtig aufstehen und noch einen Tag später war er praktisch vollständig gelähmt. Der Tierarzt zeigte sich aber zuversichtlich durch die tägliche Behandlungen das Kerlchen wieder auf die Beine zu bringen, fressen würde er ja noch und Joska bekam die Anweisung ihn separat zu füttern. Das war's dann aber auch schon. Außer Ibi machte sich keiner weitere Gedanken, wie der kleine Pax versorgt werden muss und ergriff entsprechende Maßnahmen. Leute, die medizinisch nicht geschult sind können das ganze Ausmaß an Notwendigkeiten auch überhaupt nicht erkennen. Ich konnte es nur einen Tag aushalten, Sabine und ich waren natürlich x mal nach dem Kleinen schauen, haben ihn versucht in dem Zwinger etwas abzuschirmen, haben ihm ein kuscheliges Eckchen eingerichtet, sorgten für regelmäßigen Lagewechsel usw. Aber das war natürlich ein absolutes Unding, 2 cm von ihm entfernt stand ein für ihn unerreichbarer Wassernapf, kam ein anderer Welpe angerumpelt und trat den Napf um lag der Arme im Nassen und konnte nicht weg. Was ich noch erwähnen sollte, es ist seit einiger Zeit richtig kalt, wir rennen hier schon im Winterdress rum, dazu regnet es viel. Man konnte ihn auch nicht in die Hütte legen, denn die anderen 10 wollten ja auch da rein und legten sich drauf und drüber. Es war so auch unmöglich zu beurteilen, ob Pax denn pieseln oder kacken kann. Pax ist ein Vollpflegefall, davon haben wir aber noch mehr. In Bezug auf Pax bin ich vorsichtig hoffnungsvoll, da er inzwischen wieder wenn auch mühsam robben kann und heute erstmals Empfindungen an einer Hinterpfote zeigte.

Seit ca. 10 Tagen betreuen wir auch den kranken Emu, der an keine Ahnung was leidet, jedenfalls frisst er nicht, ist adynam, inzwischen halt auch völlig entkräftet. Mit Infusionen halten wir ihn am Leben und versuchen mit allem Möglichen irgendwie die Wendung zum Besseren herbeizubringen. Wie so oft sind wir völlig ratlos was denn hier überhaupt angesagt ist.

Jam, eine neuer Rüde, fiel uns sofort bei Ankunft auf. Wunden, die eiterten und ihm ragte etwas aus dem Anus, was sich dann als ein Laubblatt entpuppte. Zudem ist er sehr dünn. Wieder einmal nutze ich die Gelegenheit darauf aufmerksam zu machen, dass die Hundefänger ihre Box nach dem Abliefern der Hunde reinigen und desinfizieren müssen. Beides wird nie gemacht, genauso wenig wie jemand die Hundefänger endlich mal darüber belehrt. Jedenfalls handelt es sich bei den Wunden um massiv entzündete Bisswunden, rund um die Hüften bis hin zur Schwanzwurzel. Dies muss wohl zur Folge gehabt haben, dass Jam vor Schmerzen keinen Kot absetzen konnte. Nach einem erfolgreichen Einlauf innerhalb der Praxis verließ das erfolgreiche medizinische Personal strahlend das Feld ohne sich um den wirklich reichlichen Output zu kümmern. Ich war gut eine Stunde damit beschäftigt die Hinterlassenschaften aus allen Räumen wegzuputzen. Ich kann nicht mal mehr sagen, dass ich empört bin über diese Schweinerei, ich bin einfach nur noch matt.

Pudelinchen hat sich nach dem Zähne ziehen eine fette Vereiterung zugezogen. Seit 6 Tagen nun bekommt sie Spülungen direkt in die Löcher, wo ehemals ihre Reißzähne waren. Beim ersten mal flog ihr nur so der Kram aus dem Mund, der Nase, dicker Eiter, altblutig vermischt. Seit sie nun behandelt wird fühlt sie sich sichtlich besser. Die Spülung ist wirklich eine Tortour für sie und ich staune, dass sie sich immer noch mir gegenüber so anhänglich zeigt. Was Hunde doch immer so wegstecken.

Ein weiterer medizinischer Fall ist Träumerle. Ihre Wunden heilen gut, ich möchte fast sagen zu gut, denn an der Flanke zieht es sich auf einer Seite unschön zusammen. Bald ist Nina hier und ich bin gespannt, was sie sagt. Träumerle ist echt ein sehr tapferes Hundekind und ich hoffe, dass sie all den Alptraum hier noch gut übersteht. Sie hat sich inzwischen mit Milva und Rahna angefreundet, die 3 rocken hier abends die Bude, den Tag verbringen sie in der Krankenstation, da wir auch einfach keine Idee mehr haben was wir alternativ mit ihnen tun könnten. Milva ist vollständig genesen von dieser Vergiftung durch Würmer, Rahna wächst und gedeiht, die Wunden sind abgeheilt, doch sie hat nicht ihre vollständige Beweglichkeit im Hals- und Nackenbereich zurückerhalten. Warum das so ist wissen wir nicht.

Ein weiterer neuer Hund ist Andras, er wurde von „unserem“ Andras gebracht. Soweit ich weiß wurde er auf einem Supermarktparkplatz angefahren, Beckenbruch mit Hüftgelenkspfannenbeteiligung. Nein, er ist nicht durchsichtig, tatsächlich war hier ein Röntgenbild möglich. Ich sag mal weiter nix dazu, mich würd's nur interessieren ob jetzt auch wieder Laborwerte möglich sind. Andras ist noch kein Jahr alt, ein supersüßer, freundlicher und sanfter Rüde. Er bräuchte eigentlich eine OP, aber eine solche OP ist hier nicht durchführbar und bedarf eines Spezialisten. Andras kann aber schon wieder aufstehen und vorsichtig laufen, wieder mal unglaublich was Hunde so wegstecken. Er befindet sich also ebenfalls in der Krankenstation und zu ihm gesellte sich Adya, die durch die Hundefänger gebracht wurde. Sie ist derart dünn und lag teilnahmslos im Zwinger, sodass sie Sabine sie zum Päppeln und Beobachten mitbrachte. Sie ist schüchtern und trägt ein Mäntelchen, so wie inzwischen so einige Hausbewohner.

Da es so kalt ist haben wir bereits den Ofen in Betrieb genommen. Prompt schmorte das Kabel der Wasserpumpe durch, Alarm, Alarm, alles ist gut gegangen, mein Adrenalinspiegel hat mir allerdings mal wieder den Verstand geraubt.

Mir tut es so leid um die vielen Welpen die gestorben sind. Von den Genua-Kindern leben noch 5, bei den 7 Geschwistern aus dem letzten Eintrag sind Eule und Flamingo gestorben, Emu von dem ich berichtete ist ein Bruder dazu. Rieke ist so plötzlich verstorben, 15 Minuten nach Auffinden war sie bereits tot. Es ist so gruselig, wie schnell das gehen kann. Am Abend zuvor war Sabine noch da und hat der Truppe den Zwinger nett hergerichtet, keine Anzeichen einer Krankheit war zu entdecken.

Viele neue Hunde gibt es vorzustellen, aber das schaffe ich jetzt nicht mehr. Ich hab jetzt auch keine Bilder zur Hand, werde aber die nächsten Tage welche diesem Eintrag hinzufügen.

Ich wollte mir in diesem Eintrag noch so vieles von der Seele schreiben, doch mit fortschreitender Stunde verraucht mein Ärger und Müdigkeit übermannt mich. Ist vielleicht auch besser so.