Ehemalige Kettenhunde

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Über den Beginn eines Leben als Kettenhund kann ich nicht nachdenken. Er schnürt mir die Kehle zu und macht mich unsagbar traurig. Ich weiß, dass diese Hunde meist sehr jung sind. Ich weiß, dass diese Hunde oft sehr reizarm ohne Ansprache irgendwo angebunden sind. Jahrelang.

In letzter Zeit haben viele unserer neuen Hunde diese typischen Spuren am Hals durch jahrelanges Tragen von Halsbändern oder Ketten. So zum Beispiel auch Annemieke. Als ich Annemieke fand schloss sie sich mir direkt an, sie wusste absolut nicht was ihr widerfahren ist und was sie tun soll. Sie war völlig überfordert. Von der Menge der Haushunde massiv beeindruckt gab sich Annemieke sehr kleinlaut.

Im folgenden Monat durchlebte Annemieke alle Entwicklungen, die bei einem abgemagerten Hund ohne Lebenserfahrung zu erwarten sind. Erst war sie einfach nur auf Futter und Zuwendung fixiert, sehr darauf bedacht nicht azuecken. Dann erwachten Lebensgeister wie Durchsetzungsvermögen – sie begann das Futter für sich zu beanspruchen ohne das nötige Maß zu kennen, das hat ihr nicht immer gut getan, doch sie hat gelernt. Auch bei anderen Ressourcen hat es dann und wann ordentlich gekracht. Annemieke ist zur Ruhe gekommen, sie liegt friedlich zwischen den anderen und Futter muss sie nicht mehr mit ihrem Leben verteidigen. Sie weiß, es gibt regelmäßig genug Nahrung und auch Leckerchen verteilen ist kein Problem. Bewegungsfreude und Spielen – ihre ersten Spielaufforderungen waren an Fibi gerichtet, die schien ihr wohl am wenigsten gefährlich. Fibi hingegen fand Annemieke aber sehr gruselig. Auch hier hat Annemieke gelernt und sich mehr und mehr getraut. Sie spielt jetzt ausgelassen und rennt voller Elan mit den anderen um die Wette. Ihr Umfeld – kam ein Fremder war bei Annemieke die Alarmbereitschaft groß. Das war schließlich jahrelang ihr Daseinsinhalt. In diesem Punkt haben wir leider wenig „Trainingsmöglichkeiten“, doch bei den wenigen Gelegenheiten hat sie gelernt, dass diese Aufgabe nun nicht mehr ihre ist. Nur ein Monat ist vergangen, sie hat unglaublich viel gelernt.

Im Zwinger sieht das ein wenig anders aus und damit kommen wir zu einem Problem, dass ich mir in anderen Tierheimen nicht gerne vorstellen möchte. Während Annemieke durch die große Hausgruppe beeindruckt und unsere Aufsicht vor Auswirkungen übertriebener Durchsetzungsversuche vor Unheil bewahrt blieb, sind solche Hunde in einem Zwinger auf sich selbst gestellt. In fremder Umgebung, in ungewohntem, bedrohlich klingendem Lärm ein paar fremde Hunde sich gegenüber sehend wird sich erstmal alles vom Leib gehalten, aus Unsicherheit durch mangelnde Erfahrung. Die Reaktionen der anderen Hunde, selbst vom Schicksal gebeutelt und in der Orientierungsphase, kann man sich ausmalen. Sie fühlen sich doch selber völlig fremd, entwurzelt und bedroht. Kommt jetzt noch Futter ins Spiel kann man diese Hunde einfach nur noch bedauern, es sind ihre ersten Erfahrungen und diese sind beängstigend. Dies zu verhindern ist nicht einfach. Bei einer so hohen Anzahl an neuen Hunden kann man nur schwer gute Gruppenkonstellationen finden um alle so aufzufangen, dass der Start ins Tierheimleben nicht noch schwerer als eh schon wird. Auch wir müssen die Hunde ja erstmal kennenlernen.

Es wurden und werden immer wieder die Probleme diskutiert, die die Chip- und Kastrationspflicht mit sich bringt. Es wird von einer Flut an ausgesetzten Hunden geschrieben, welche Probleme dies bereitet und welche Maßnahmen man ergreifen kann um dies irgendwie einzudämmen. Viele Leute in diesem Land halten ihre Hunde an einer Kette. Was soll man diesen Hunden nur wünschen? Es ist noch ein sehr langer Weg für die Hunde in Rumänien…

Annemieke hat es inzwischen geschafft, sie ist nach Deutschland gereist und befindet sich auf einer Pflegestelle. Für sie hat sich alles zum Guten gewendet 🙂