Vor zwei Tagen haben wir Sultan auf seinen letzten Weg geholfen – er hatte einen rasant wachsenden Tumor an der Wirbelsäule, den unser Tierarzt nicht operieren konnte + der nun begann, Sultans Motorik zu beeinträchtigen –
Sultan wurde im November 2009 in diesem Tierheim geboren – Sukey war seine Mutter, eine Hündin, die mit Menschen keinen Vertrag hatte + ihren Sohn dementsprechend abgeschirmt hat –
2009 herrschten hier noch Zustände, die sich heute wohl niemand mehr so recht vorstellen kann – es gab nicht wirklich Leute, die sich mehr um die Hunde gekümmert haben, als sie mit Essen zu versorgen – die Zwinger waren klein, überfüllt + in schlechtem Zustand –
So wuchs Sultan auf + wurde natürlich kein aufgeschlossener, fröhlicher Hund, sondern ein scheuer Skeptiker –
Ich bin Sultan 2012 zum erstenmal begegnet + habe einen 2,5 jährigen, mit Hunden sehr selbstbewußten, mit Menschen fast panischen Junghund getroffen, der sich entweder versteckt hat oder hektisch auf + ab gelaufen ist, wenn man zu ihm in den Zwinger kam –
Klargemacht hat er umgehend, daß er keinen Spaß macht, wenn er mir die Zähne zeigt + ich trotzdem näher komme – auf seine Individualdistanz hat er nachdrücklich bestanden –
Wir haben hier viel verändert + all die Umbauten + Umstrukturierungen brauchten ihre Zeit – so hat es noch etwas gedauert, bis wir Sultan in eine ruhigere Ecke des Tierheims umziehen konnten + eine passende Partnerin für ihn gefunden haben – Sultan zog mit Linda zusammen, einer souveränen, sehr gechillten Hündin + damit begann wohl Sultans beste Zeit hier –
Linda war erheblich älter als Sultan, eine Respektperson, ein sicherer Hafen + Vorbild in allen Lebenslagen – Sultan hat sie angehimmelt!
Sultan hat Linda vor Allem auch viel nachgeeifert + so hat er es nach Wochen tatsächlich auch geschafft, seine Beine über die Türschwelle zu bewegen, wenn man die Tür seines Zwingers für Freilaufzeiten aufgemacht hat –
2013 war das Jahr, in dem ich sehr viel mit Sultan gemacht habe – monatelang war ich täglich bei ihm + Linda, habe ihn ermutigt, ihn gelassen, mich schöngefüttert + ganz langsam kleinekleine Fortschritte entdecken können –
Der schönste Fortschritt war der, daß Sulan sich einfach lebendiger zeigte + Interesse am Erkunden entwickelte – an Anfassen oder näherem Kontakt war auch in dieser Zeit des sehr engen Coachings weiterhin überhaupt nicht zu denken –
Kleinekleine Fortschritte müssen aber aufrechterhalten + um weiterzukommen, auch weitergeführt werden – dies habe ich aufgrund des restlichen Tierheimbetriebs einfach nicht schaffen können – ich hatte es gefürchtet…doch Pflegestellen, die sich so einer Herausforderung annehmen, sind mehr als rar gesät –
Was Sultan sich aber bewahren konnte, war die Freude am Auslauf + etwas Neues zu entdecken –
Als Linda erkrankte + dann auch verstarb, zog Sultan mit Umeka zusammen – die Beiden kamen gut miteinander aus, doch es war für ihn nie wieder so eng + vertraut, wie mit Linda – immerhin war Sultan zu der Zeit auch schon ein gestandener Erwachsener –
Mit Umeka lebte Sultan nun bis zu seinem Tod in unaufgeregter Zweisamkeit –
Sultans Geschichte habe ich immer als besonders tragisch empfunden – zur falschen Zeit am falschen Ort geboren + damit ein ganzes Leben verpasst –
Klar hätte er es schlimmer treffen können, denkt man an all die Tierheime, die heute noch so (oder noch schlimmer) sind, wie dieses mal war – klar hätte er ein Leben an einer kurzen Kette vor einem Kuhstall führen können, so wie Troubardour – schlimmer gehts immer, aber schöner ja ganz eindeutig auch –
Ich verneige mich, lieber Sultan: auf in die ewigen Jagdgründe + dann endlich Vollgas geben – nie wieder Angst + nie wieder eingesperrt sein! :*
Ich habe nun gesucht + gesucht – leider gibt es kein Video von Sultan + Linda…
Hier zieht Sultan mit Umeka zusammen + eine Spalte tiefer gibt es eine Bildergalerie von Sultan –