Tierheim News 06.07.2021

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Gestern mussten wir von Justus und Artemius Abschied nehmen

Von knapp 7 Jahren kam Justus zu uns, zu dieser Zeit gab es noch Hundefänger in der Stadt. Ein riesen Kerl, eine riesen Angst. Justus versuchte durch nicht bewegen nicht aufzufallen. Er hatte da noch Lehrzeit noch vor sich, den seine Angst wurde häufig von anderen Hunden ausgenutzt.

Er lernte sich durchzusetzen und wurde zu einem respektierten Zwingerkollegen, auch wenn es etwas dauerte. Gut kann ich mich an seine Anfänge erinnern, wenn er anvisierte, mit riesen Schleichschritten ankam um seinem „Gegner“ heimlich in den Hintern zu zwicken. Es hatte schon was Komikhaftes an sich. Seine ersten Zwingerkollegen reisten aus, er zog in eine neue Gruppe, immer war es eine Herausforderung für ihn.

Mit Menschen schloss er zu einem gewissen Grad Freundschaft, bei manchen mehr, bei manchen weniger. Ich war so begeistert, als er seine Scheu ablegte und sich gerne von mir streicheln ließ. So begeistert zeigte ich ihn Nina, strahlte und forderte sie auf doch reinzukommen. Sie machte riesen Augen und sagte „nein“. Wegen meinem verständnislosem Blick deutete sie auf Justus hinter mir, ich drehte mich und staunte nicht schlecht. Seine Haltung, seine Augen, einfach alles an ihm war eine einzige Drohgebärde der Premiumklasse. Uups…

Es kam eine Zeit, da waren irgendwie alle ganz ok, er hatte sich eingefunden, Selbstvertrauen gefunden. Auch in seiner Gruppe lief es echt rund.

Mit stetig gewachsenem Selbstbewusstsein probierte er seine Grenzen mit den Zähnen aus, verweigerte so manches, was seine Freiheiten leider beschnitt. Statt großen Zwinger und ab und zu Freilauf bekam er dafür in einen der Zwinger mit Wiesenanteil, was einem Leben in einem Freilauf gleich kam. Für Urechi war er eine Stütze, gerade als er blind wurde schien Justus Orientierung für ihn zu sein.

Der Arbeiter Laci war im letzten Jahr seine Bezugsperson, er hatte ein inniges Verhältnis zu ihm entwickelt und ließ sich sehr gerne von ihm streicheln.

Justus entwickelte Schwierigkeiten mit dem Rücken und lief dadurch sehr breitbeinig. In den letzten 2 Wochen kam es vor, dass er gar nicht mehr aufstehen konnte und nur mit zusätzlichen Schmerzmitteln hochkam. Da er anscheinend das Gefühl in den Beinen verloren hatte entwickelte er Liegestellen, die auf gingen. Er wurde leider nur 9 Jahre alt.

Artemius stammt aus Slatina. Er kam 2015 bei der großen Rettungsaktion, Brunopet hatte dabei über 100 Hunde aufgenommen, erstmal in die Pension nach Bukarest, von dort haben wir nach und nach die Hunde auch nach Miercurea Ciuc gebracht. Als die Sprintertüre aufging sagte uns Levente, dass diiiiieser Hund in der Pension alleine saß, unverträglich mit Artgenossen und ganz und gar nicht nett mit Menschen. Öhh…

Nun, wir brauchten etwas Aufwärmzeit, dann war Artemius mit Leckerchen bestechlich bzw. zu überzeugen, dass wir ganz in Ordnung sind. Und wir brauchten etwas um festzustellen, dass auch Artemius ganz in Ordnung war. Erste Vergesellschaftungen mit Rüden liefen nicht reibungslos, sodass er die erste Zeit mit Hündinnen zusammenlebte und sogar zu spielen anfing. Mit den Jahren zog regelrecht Gelassenheit bei Artemius ein, er lebte in gemischten Gruppen in einem der großen Zwinger und zog schließlich sogar in den Freilauf.

Ein paar Extras hatte er einbehalten. So bekam er sein Futter gesondert auf dem Gang. Eigentlich, damit er etwas abnimmt, aber das kriegt man in diese Köpfe hier einfach nicht rein. Armer Hund und zack noch ne Kelle Futter in den Eimer…

Das mit dem Freilauf war schon besonders für Artemius, denn Fremde mussten sich das Recht durch den Freilauf zu laufen verdienen (Leckerchen XXL oder Herdenschutzhund erfahrene Coolness). Als Mesi und Paula im Frühsommer den Wetterschutzbereich herrichteten war es nicht ganz so einfach für Paula, ja nicht Artemius Individualdistanz zu unterschreiten. Am Schluss durfte sie ihn dann doch streicheln. Aber wirklich was gemacht hat er nie was,… naja also es war unmöglich dem Herren die Haare zu schneiden, wenn er nicht in Vollnarkose lag und so Sachen halt, Artemius halt. Aber mit vertrauten Menschen war ein echter Schmusebär geworden und insgesamt einfach ne coole Socke.

Es war bei ihm die letzte Zeit zu beobachten, dass er trotz seiner Medikamente sich schon sehr angestrengt auf die Beine hieven musste, am Sonntag morgen dann lag er halb in und halb aus der Hütte im Stall und konnte einfach nicht weiter in die eine oder andere Richtung. Er bekam eine Mischung starker Schmerzmittel, damit konnte er aufstehen. Sehr berührend war das Verhalten der Freilaufhunde, insbesondere von Marlon, der ihm viel Gesellschaft leistete. Gestern morgen war der halbe Freilauf im Stall am Schlafen, wo sonst meist nur Artemius pennte. Gestern Nachmittag, als auch die Knie wieder weich wurden kam Arpi, unser Tierarzt, Artemius hat ihm nochmal tüchtig seine Zähne gezeigt und ihm klar gemacht, dass er ihn nicht leiden konnte bevor er dann einschlief.